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Interview mit Ulrike Schmid zur Studie „Museen und Orchester im Social Web“

Ulrike Schmid ist Inhaberin der Kommunikationsberatung u.s.k., die Kultur-PR und Social Media verknüpft. Seit drei Jahren befasst sie sich mit dem Thema Social Web für Kultureinrichtungen. Sie ist Sprecherin der stART.10 und des KulturInvest Kongresses 2010. Zur Zeit arbeitet sie u.a. an einer umfangreichen Studie zum Auftritt von Museen und Orchestern in den Sozialen Medien.

Jörn Brunotte: Womit befasst sich Ihre Studie „Museen und Orchester im Social Web“?

Ulrike Schmid: Die Studie untersucht die Web-2.0-Aktivitäten von Orchestern und Museen und zwar nicht nur anhand von Follower- und Fanzahlen. Mich interessiert vielmehr, wie Kultureinrichtungen das Social Web in ihre Kommunikation einbinden, ob sie Gespräche mit ihren Stakeholdern führen und wie diese Gespräche aussehen.

Was war der Anlass zu der Studie?
Anlass war, dass im vergangenen Jahr die Zahl der Kultureinrichtungen, die Profile bei Twitter, YouTube, Flickr und Facebook angelegt haben, exorbitant zugenommen hat. Daher stellte sich mir die Frage, ob Kultureinrichtungen nun auch tatsächlich das Social Web für sich entdeckt haben. Und wenn ja, wie sehen ihre Aktivitäten aus? Inwieweit betrachten die Kultureinrichtungen das Social Web auch als Mitmach-Web? Hat ein Social-Media-Engagement mit der Größe des Hauses zu tun? Diese und andere Fragen waren der Grund, die Studie zum Thema „Museen und Orchester im Social Web“ durchzuführen.

Wie haben Sie die Museen respektive Orchester ausgewählt?
Eine Bemerkung vorweg: An der Gegenüberstellung Orchester und Museen reizte mich, herauszufinden, ob es Unterschiede in der Kommunikation gibt. Also welche Inhalte, auf welche Art und Weise im Social Web kommunizierbar sind, und auch, ob es Unterschiede in Bezug auf das Renommee der Einrichtungen gibt.
Die Auswahl der Orchester war relativ einfach. Ich habe diejenigen in die Untersuchung einbezogen, die bei der Deutschen Orchestervereinigung gelistet sind.
Bei den Museen war es schon etwas schwieriger. Laut Deutschem Museumsbund gibt es 6.500 Museen. Da ich augrund dieser Masse, nicht bei allen 6.500 Musen nachschauen konnte, wer im Social Web präsent ist, musste ich eine Auswahl treffen. Ich habe zunächst auf die sehr umfangreiche Liste deutscher Museen bei Wikipedia zurückgegriffen und dann im nächsten Schritt festgelegt, dass ich nur die Museen in die „enger Auswahl” nehme, die bei Google mindestens 50.000 Einträge haben.
Bei kleineren Einrichtungen, die mir erst im Laufe des Beobachtens und Vergleichens aufgefallen sind, habe ich diejenigen zusätzlich mit aufgenommen, die mindestens 100 Follower bei Twitter und/oder Fans auf der Facebook-Fanseite haben (Stichtag war der 10. Februar). Geblieben sind 90 Museen und 21 Orchester, die Social Media in ihre Kommunikation einbinden.

Wie haben Sie die Studie konkret durchgeführt?
Nachdem ich die Museen und Orchester mit Social-Media-Präsenz ermittelt hatte, habe ich mir die einzelnen Profile bzw. Kanäle angesehen. Ich habe je nach Profil spezifische Untersuchungskriterien aufgestellt und bin Museum für Museum, Orchester für Orchester durchgegangen. Am Beispiel Twitter sah das etwa so aus: Anzahl Follower; Anzahl Following, Biografie, Twitterer bekannt, Hintergrundbild, Profilbild, wie oft gelistet, Anzahl Tweets insgesamt, letzter Tweet, Anzahl Tweets/Tag; Anzahl Tweets/Woche, Inhalt Tweet, Anzahl der Retweets, Interaktion, Sprachwahl, Nutzung Hashtags, „Kurioses, Besonderes, was auffällt“, verwendete Sprache. Aus den Ergebnissen dieser Kriterien ergibt sich dann meine Analyse und Einschätzung. Ergänzend habe ich Interviews mit einigen Repräsentanten durchgeführt, die zusätzlich ganz konkrete Tipps und Empfehlungen aus der Praxis geben. Gerade durch die Interviews werden oftmals Handlungsmuster der Museen und Orchester deutlich.

Und wie haben Sie diese Interviews geführt?
Bis auf eines (das war schriftlich) habe ich alle Interviews persönlich oder telefonisch durchgeführt. Die Interviews fließen allerdings nicht in die Auswertung der Studie ein, sondern haben ergänzenden Charakter.

Welche Erkenntnisse hat die Studie bisher im Hinblick auf die Nutzung von Social Media ergeben?
Auffallend finde ich, dass die meisten Einrichtungen nur ein bis maximal zwei Plattformen nutzen und dass die entsprechenden Profile nur selten untereinander vernetzt sind. Von diesen Plattformen sind Facebook, Video-Portale und Twitter die beliebtesten. Von der Nutzung verschiedener Social-Media-Profile, und damit einer zielgruppenspezifischen Ansprache, scheinen Kultureinrichtungen also noch weit entfernt zu sein.
Schaut man sich die einzelnen Profile näher an, fällt auf, dass wenige tatsächlich Konversation betreiben. Ein wirklicher Dialog zwischen Museum/Orchester und Stakeholdern findet nur selten statt.

Gibt es signifikante Unterschiede zwischen Museen und Orchestern?
Nein, signifikante Unterschiede in der Qualität der Kommunikation zwischen Museen und Orchestern konnte ich bisher noch nicht feststellen.
Lediglich in der Wahl der Plattformen gibt es einen kleinen Unterschied. Während bei Orchestern, nach Facebook, die Video-Portale an zweiter Stelle der Beliebtheitsskala stehen, ist es bei den Museen Twitter.
Die Zahl der Orchester, die nur auf einer Plattform präsent ist, liegt auch wesentlich höher (rund 52 %), während es bei den Museen nur 34 % sind; d.h. das Gros der Museen ist bei zwei oder noch mehr Plattformen präsent.

Wenn Sie ein Zwischenfazit ziehen: Was ist wichtig, damit kulturelle Institutionen das Social Web erfolgreich nutzen können?
Die Fähigkeit zuzuhören und das Gespräch mit den Fans/Freunden zu suchen, sie einzubinden, ihnen interessante Inhalte zu bieten, einen Blick hinter die Kulissen zu zulassen und nicht nur Veranstaltungsankündigungen los zu werden.

Welches Feedback haben Sie von den untersuchten Häusern erhalten?
Viele der Häuser wissen ja (noch) gar nicht, dass sie untersucht wurden. Die Namen werde ich in Kürze veröffentlichen.
Ein Feedback gab es in erster Linie von den Häusern, deren Repräsentanten ich befragt habe. Alle sechs Häuser haben auf meine Interviewanfrage äußerst positiv reagiert. Andere Museen und Orchester haben dann reagiert, wenn sie im entsprechenden Blogpost positiv erwähnt wurden.
Kultureinrichtungen, die weder auf eine Nachfrage noch eine Interviewanfrage reagiert haben, waren die Ausnahme.

Ihre Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, wie lange werden Sie die Arbeit an der Studie fortsetzen?
Ich denke, dass ich die Studie spätestens bis zur stARTconference abgeschlossen haben werde. Denn dort werde ich sie ja auch vorstellen.
Anders verhält es sich mit den Interviews. Diese Reihe würde ich gerne fortsetzen. Da bin ich auch offen für Anfragen.

Münden die Ergebnisse in einer Publikation?
Einen Teil der Ergebnisse habe ich bereits in Form von Blogposts auf meinem Blog publiziert. Es wird aber auch auf jeden Fall ein E-Book geben. Aufgrund der Fülle der gesammelten und nicht-veröffentlichten Daten ist auch die individuelle Überprüfung eines Auftritts einer Kultureinrichtung denkbar, um gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

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  1. […] Einmal hat Jörn Brunotte mich zu meiner Studie befragt.  […]

  2. […] u.s.k über ihre Untersuchung über die Social-Media-Aktivitäten deutscher Museen und Orchester gesprochen. Inzwischen sind die Arbeiten abgeschlossen und die Studie im Netz […]